To Know Your Mind, Pay Close Attention To It

Author
Sam Harris
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Image of the WeekUm deine Seele zu erkennen, ist große Aufmerksamkeit erforderlich

Gewisse seltene und wunderbare Erfahrungen sind möglich. Aber mehr braucht es nicht, um “Spiritualität” (der unvermeidliche Begriff für dieses Projekt der Selbsttranszendenz) ernst zu nehmen. […]

Gedankenverloren verbringen wir unsere Leben. Das Gefühl, das wir “ich” nennen - das Empfinden, ein Subjekt innerhalb eines Körpers zu sein - ist nichts anderes als zu denken, ohne zu wissen, dass wir denken. Sobald man den Bann des Denkens wahrhaftig bricht, erkennt man das Bewusstsein zwischen den Gedanken, also vor dem Aufkommen des nächsten Gedankens. Und das Bewusstsein fühlt sich nicht an, wie ein Selbst. Es fühlt sich nicht an wie “ich.” In der Tat ist das Gefühl, ein Selbst zu sein, bloß eine weitere Erscheinung des Bewusstseins (wie könnte man es sonst fühlen?). […]
Ich behaupte, dass sich Spiritualität nicht auf irgendwelche glaubensbasierte Annahmen darüber, was außerhalb unserer Erfahrungswelt existiert, stützen muss. Zudem entspringt sie dem selben Geist ehrlicher Forschung wie die Wissenschaft selbst.

Das Bewusstsein existiert (wie auch immer dessen Beziehung zur physischen Welt tatsächlich aussieht) und in ihm liegt die experimentelle Grundlage sowohl für das untersuchte, als auch für das nicht untersuchte Leben. Wenn man in diesem Augenblick das Bewusstsein sich selbst zuwendet, dann stellt man fest, dass der Geist dazu tendiert, in Gedanken abzuschweifen. Wenn man die Gedanken selbst genau unter die Lupe nimmt, merkt man, dass sie ständig im Entstehen und Vergehen begriffen sind. Wenn man nach dem Denker dieser Gedanken sucht, wird man nicht fündig. Und dieses Gefühl von - “Wovon bitteschön spricht Harris hier? Ich bin der Denker!” - ist bloß ein weiterer Gedanke, der im Bewusstsein entsteht.

Wenn man das Bewusstsein immer wieder auf diese Weise sich selbst zuwendet, erkennt man, dass das Gefühl ein Selbst zu sein verschwindet. Diese Form der Untersuchung hat nichts (spezifisch oder religiös) buddhistisches an sich, und es ist in keinster Weise nötig, an etwas zu glauben, für das es ungenügend Beweise gibt. Man muss bloß die folgende Prämisse annehmen: Wenn man wissen möchte, wie der eigene Geist wirklich ist, dann ist es ratsam, ihm viel Aufmerksamkeit zu schenken.


Über den Autor: Auszug aus einem NY Times Interview mit Sam Harris, einem amerikanischen Autor, Philosophen und Neurowissenschaftler.
Übersetzung: Manuel Lendorfer


Fragen zur Reflexion: Wie findest du die Vorstellung, dass das Gefühl, ein Selbst zu sein, nur eine andere Erscheinungsform im Bewusstsein ist? Kannst du eine persönliche Geschichte aus einer Zeit erzählen, in der du ein Bewusstsein hattest, das sich nicht wie ein Selbst anfühlte? Was hilft dir immer wieder, das Bewusstsein auf sich selbst zu lenken?
 

Excerpted from a NY Times interview with Sam Harris, an American author, philosopher and neuroscientist.


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